Was ich vom Studieren halte

Irgendwie habe ich gerade Lust darauf, meine Gedanken zum Studieren einmal zu „Papier“ zu bringen. Mein Problem ist, dass man immer wieder mitbekommt, dass Menschen mit Studium besser bezahlt werden, als Leute ohne Studium. Glücklicherweise arbeite ich in einer Branche, wo das nicht zwingend so ist. Zumindest meistens – bei extrem großen Konzernen bekommt man automatisch weniger Gehalt, weil man nicht studiert hat – verstehe ich allerdings gar nicht. Für mich ist ein Studium absolut keine Garantie für einen qualifizierteren oder kompetenteren Mitarbeiter. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon etliche Fälle erlebt, in denen Leuten mit Studium einfach nichts drauf hatten – sie haben einfach nur den Abschluss irgendwie geschafft. Und sitzen nun als Führungskraft im Einzelbüro nebenan.

Meiner Meinung nach, müssten hier viele Umdenken. Immerhin hat jemand ohne Studium in der Regel sehr viel mehr Berufserfahrung und kennt die Realität – nicht nur die Theorie. Das Studium ist doch keine Prüfung, welche man beim Überstehen finanziell wieder ausgeglichen bekommt. Gerade in der Informatik empfinde ich ein Studium als verschwendete Zeit. Den Batzen Mathe, welchen man sich z.B. reinprügeln muss, braucht man am Ende doch eh nie wieder. Das haben einige meiner Freunde und Bekannten auch gemerkt und das Studium früh abgebrochen – allerdings mit dem Ergebnis, heute doch erfolgreich für gutes Geld angestellt zu sein. Klappt also meistens auch super ohne.

Anders formuliert: Warum sollte ich mir vorgegebenen Stoff über Jahre reinquälen, wenn ich mir in der Zeit selbst Dinge beibringen kann, welche mich dann doch sehr viel weiter bringen im Berufsleben. Also konkrete Themen und Technologien.

Mit einer Ausbildung ist das auch nicht so viel anders. In Sachen Softwareentwicklung habe ich persönlich schon sehr früh selbst angefangen – so kam es, dass mir im Fachabitur und in der späteren Ausbildung kaum noch etwas beigebracht wurde. Dort werden eh nur Grundlagen vermittelt, welche ich mir in sehr viel kürzerer Zeit schon längst selbst beigebracht hatte. Logisch, dass man in den Nebenfächern noch neues mitbekommt. Aber was interessiert mich z.B. Marketing und Wirtschaft? Wenn ich da später etwas brauche, dann lese ich das eben nach. Die Dinge, die ich zu dem Zeitpunkt lerne, sind eh schnell wieder veraltet. Dazu kommt, dass die Lehrer teilweise total unqualifiziert sind. Dann will einem jemand etwas beibringen, der den Stoff selbst nicht drauf hat. Naja doch, eben in der Theorie, aus dem Studium.

Außerdem habe ich immer wieder festgestellt, dass in einem Studium zu 90% die gleichen Inhalte behandelt werden, welche man in einer Ausbildung auch vermittelt bekommt. Die Differenz davon braucht man am Ende eh nie mehr.

Für reine Autodidakten gibt es keinen Platz in dieser Welt. Auch wenn man schon kann, was man braucht, muss man immer noch die Zeit investieren, eine Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren. Alles, um am Ende ein Stück Papier zu bekommen. Statt nur auf dieses Stück Papier zu starren, sollten viel mehr Unternehmen einfach längere Probezeiten einführen oder komplexere Einstellungstests einführen (realitätsnah bitte). Wenn es dann nicht passt, kann man am Ende immer noch aussortieren und sich von dem Mitarbeiter trennen. Genau diesen Ansatz fand ich auch so beeindruckend bei code-x. Ich bin jetzt über zwei Jahre dort angestellt – und von mir hat noch nie jemand ein Zeugnis, einen Beleg für einen Abschluss, einen Lebenslauf oder sonst irgend ein Zertifikat gesehen. Warum auch? Wäre ich nicht geeignet, würde ich nicht lange bestehen. Ich mag den Ansatz einfach total! Ist aber leider die Ausnahme da draußen. Immerhin besser, als sich einen frisch studierten da hinzusetzen, welcher dann noch überbezahlt ist.

Ich versuche mich so lange wie möglich diesem System nicht zu beugen. Ich werde nicht zu studieren. Mir wurde das schon oft vorgeschlagen und wahrscheinlich würde ich das auch meistern. Aber warum um alles in der Welt sollte ich mir diese Last ans Bein binden, wenn ich mir meiner aktuellen Qualifikation die Jobs aussuchen kann (wie jeder Softwareentwickler…). Und das Gehalt kann man sich auch wünschen – aktuell bin ich da in einer sehr glücklichen Lage, das weiß ich. Und ich weiß auch, dass das die Ausnahme auf dem Arbeitsmarkt ist.

Nur, um die Signatur zu Pimpen? Das ist mir den Aufwand garantiert nicht wert. Und ich glaube auch nicht, dass man dadurch höheres Ansehen von Kollegen, Kunden oder Vorgesetzten bekommt – das muss man sich am Ende eh erarbeiten. Egal mit welcher Qualifikation.

Klar, in manche Bereich kommt man ohne Studium gar nicht erst rein – Beispiel Medizin oder Lehramt. Aber da macht es ja auch Sinn und es ist schwer, sich das Wissen in einer Ausbildung oder autodidaktisch beizubringen. Zumindest möchte ich persönlich von niemandem operiert werden, der sein Wissen aus dem Internet „mal so gelesen“ hat. Da muss man schon differenzieren.

Aber wer weiß – eventuell denke ich ja in 5 Jahren ganz anders darüber. Ich glaube immer noch an den Gedanken, dass jeder das werden kann was er möchte – unabhängig vom Abschluss. Das wurde in der Vergangenheit schon oft bewiesen und das wird auch weiterhin so klappen.

Wie seht ihr das?


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